F+B-Wohn-Index Deutschland III-2020
- Neuvertragsmieten sinken auf breiter Front
- Preisanstieg für Eigenheime geht unverändert weiter
- Berlin: rd. 500.000 Wohnungen von Mietsenkungen betroffen
Hamburg, 23. November 2020 - Der F+B-Wohn-Index Deutschland als Durchschnitt der Preis- und Mietentwicklung von Wohnimmobilien für alle Gemeinden in Deutschland stieg im 3. Quartal 2020 im Vergleich zum Vorquartal um 0,2 % und im Vergleich zum Vorjahresquartal um 5,6 %. Die mit dem Index gemessene Wachstumsdynamik hat sich also im Verlauf des 3. Quartals 2020 in der Gesamtschau des deutschen Wohnimmobilienmarktes erneut deutlich abgeschwächt. Ursache der relativen Stagnation waren auf Jahressicht die Preise für Einfamilienhäuser. Innerhalb der letzten drei Monate pendelten alle Einzelwerte des Index um die Nulllinie herum. „Bundesweit hat im Durchschnitt des 3. Quartals 2020 damit die Entwicklung von Mieten und Preisen stagniert“, erklärte Dr. Bernd Leutner, Geschäftsführer des Hamburger Research-Instituts F+B bei der Vorlage des Wohn-Index 3-20.
F+B beobachtet ein in der Bundesperspektive weiteres leichtes Abschwächen der Preisdynamik im Eigentumssegment gegenüber den Neuvertragsmieten. Eigentums-wohnungen verteuerten sich mit einem Preisanstieg von nur noch 0,6 % gegenüber dem Vorquartal Q2/2020. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern stiegen die Preise lediglich um 0,5 %. Auch im Vergleich zum Vorjahresquartal Q3/2019 liegen die ETW mit 5,5 % weiterhin deutlich hinter den Ein- und Zweifamilienhäusern mit 8,6 %. Eigenheime dominieren damit endgültig die Gesamtperformance des Wohn-Index. „Wir sind der Auffassung, dass die Corona-Pandemie hier einen zusätzlichen und offenbar auch nachhaltigen Nachfrageschub – bei gleichzeitig beschränktem Angebot – erzeugt hat“, sagte der F+B-Chef.
Nach einer nunmehr fast zweijährigen Stagnationsphase sinken die Neuvertragsmieten im Vergleich der Quartale Q3/2020 zu Q2/2020 um -0,9 %. Im Jahresvergleich mit dem 3. Quartal 2019 lag die Wachstumsrate der Angebotsmieten mit +0,1 % zwar noch etwas höher; F+B rechnet aber auch hier in den nächsten Quartalen mit einer Annäherung der Jahresvergleichswerte an die Nulllinie. Bernd Leutner: „Im Bundesdurchschnitt gehören damit exorbitante Mietensteigerungen endgültig der Vergangenheit an.“ Auch die Betrachtung der Top 50-Standorte in Deutschland mit dem höchsten Mietenniveau legt eine ähnliche Interpretation für diesen Trend nahe. So sind im Vergleich zum Vorquartal in 28 der 50 teuersten Städte Deutschlands die Mieten bei der Neuvermietung gesunken (im Vergleich der Quartale Q2/2020 zu Q1/2020 betraf dies 18 Städte). Im Vergleich zum Vorjahresquartal 2019 gab es reale Mietpreisrückgänge in 10 der teuersten 50 Städte. Nach Beobachtungen von F+B hätten die Corona-bedingten wirtschaftlichen Verwerfungen als Nachwirkungen des ersten Lockdowns vom Frühjahr 2020 zu noch stärkeren Rückgängen bei den Mieten geführt, wenn es die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen nicht gegeben hätte, erläuterte der Wohnungsexperte. Insofern erwartet F+B auch für das 4. Quartal 2020 bei den Angebotsmieten eine weitere Seitwärtsbewegung.
Die Bestandsmieten verteuerten sich bundesweit mit 0,4 % im Vergleich von Q3/2020 zum Vorquartal – annähernd identisch mit dem Quartalsvergleich von Q2/20 zu Q1/20im letzten Bericht. Zum gleichen Vorjahresquartal verzeichnete F+B noch einen Anstieg von 1,4 %, sodass die Bestandsmieten auf Jahressicht um 1,3 Prozentpunkte oberhalb der Angebotsmieten gewachsen sind. „Damit hat sich der Trend signifikant verfestigt, dass im Bundesdurchschnitt die Bestandsmieten deutlich stärker wachsen als die Neuvertragsmieten“, sagte der F+B-Gründer. Auf lange Sicht findet hier also eine gewisse Angleichung des Bestands- mit dem Marktmietenniveau statt. Der Verbraucherpreisindex sank im Zeitraum von September 2019 bis September 2020 um -0,2 %. Die Entwicklung bei den Bestandsmieten bewegt sich damit mittlerweile deutlich oberhalb der Inflationsrate, wird aktuell aber teilweise durch sinkende Energiepreise ausgeglichen.
Neuvertragsmieten und Bestandsmieten veränderten sich mit +0,1 % bzw. 1,4 % im Vergleich zu ihren Vorjahresquartalen nach wie vor deutlich unterhalb des Anstiegs des Gesamt-Index von 5,6 %. Die relativen Abstände zum Gesamt-Index sind nach wie vor deutlich erkennbar – ebenso wie die Schere zwischen der Entwicklung von Mieten und Wohnungs- bzw. Hauspreisen.
Die Entwicklung im Langfristvergleich
Der Index der Nutzungsart Einfamilienhäuser (EFH) stieg im Vergleich von Q3/2020 zu Q3/2015, also in den letzten fünf Jahren, um 37,4 %. Im Zehn-Jahresvergleich wurden 61,3 % gemessen. Eigentumswohnungen verteuerten sich innerhalb der letzten fünf Jahre im bundesweiten Mittel um 33,5 % und in den vergangenen 10 Jahren sogar um 88,3 %. Deutlich wird hierbei, dass die Eigentumswohnung im Langfristvergleich und entgegen dem Trend der letzten zwei Jahre die Objektart mit der höchsten Preissteigerung gewesen ist.
Die Neuvertragsmieten veränderten sich in den letzten fünf Jahren um 8,3 % und in den vergangenen 10 Jahren um 17,4 %. Die Bestandsmieten entwickelten sich wie üblich etwas moderater um jeweils 6,3 % (Q3/2020 zu Q3/2015) bzw. 10,7 % (Q3/2020 zu Q3/2010). In der Langfristbetrachtung verringert sich damit langsam aber kontinuierlich der Abstand in der Wachstumsdynamik zwischen Angebots- und Bestandsmieten. Der seit 2004 vierteljährlich fortgeschriebene deutschlandweite F+B-Wohn-Index über alle Arten bei Wohnimmobilien (Eigentums- und Mietwohnungen) stieg im 5-Jahresvergleich der dritten Quartale um 27,9 % und binnen 10 Jahren um 50,5 %.
Top-50: Rangliste der Preise von Eigentumswohnungen
Eine Bemerkung vorweg: Die Zeit zweistelliger Preissteigerungsraten binnen eines Jahres ist in der traditionellen Top 50-Liste des F+B Wohn-Index vorbei. Schon allein dieser Umstand deutet in der aktuellen Phase auf eine Beruhigung der Preisdynamik hin. Konstanz, Friedrichshafen, Unterschleißheim bzw. Frankfurt am Main, Heidelberg, Ulm und Freiburg im Breisgau machten im Jahresvergleich der jeweils 3. Quartale 2020/2019 mit Steigerungsraten von 8,4 %, 8,0 %, 7,1 %, 6,7 %, 6,6 % und 5,4 % die größten Preissprünge. Insgesamt wurde bei der Analyse der Top 50-Liste bei den Preisen für Eigentumswohnungen deutlich, dass im 3. Quartal 2020 erneut Gemeinden aus Baden-Württemberg und Bayern die höchste Preisdynamik aufwiesen. Das zeigte sich insbesondere im Vergleich zum Vorquartal, also zu Q2/2020: So stiegen die standardisierten Preise in Erding um 7,3 %, in Lindau (Bodensee) um 6,4 %, in Landshut um 6,1 % sowie in Germering um 5,5 %. Die genannten Städte sind überwiegend Standorte für lokale oder regionale Investoren. Dezidierte Marktkenntnisse der lokalen Mikrolagen, Kapitalanlagen für Privatvermögen und die individuelle Altersvorsorge sowie Kauf zur Selbstnutzung stehen hier häufig im Vordergrund, so dass alleinige Renditemotive seltener dominieren. Werterhalt und Sicherheit stehen als Motive häufig ganz oben. „Eventuell deuten sich hier auch schon durch Corona bedingte Nachfragepräferenzen für preisgünstigere kleinere und mittlere Städte an, die sich z. T. im Umfeld von Metropolen befinden, aber eine deutlich geringere bauliche Dichte aufweisen“, sagte Dr. Leutner.
Die Top 7-Metropolen verzeichneten aufgrund der anhaltend hohen Nachfrage von Selbstnutzern und Kapitalanlegern eine weiterhin dynamische Preisentwicklung mit kaum veränderten Rangplatzierungen in der Liste der Top 50. Nach dem Spitzenreiter München (mit Preisen für Eigentumswohnungen von durchschnittlich 7.230 €/m²) folgte auf Platz 6 (Vorquartal 5) Frankfurt am Main (mit 5.330 €/m²). Auf Rang 10 (Vorquartal 12) folgte Hamburg (4.960 €/m²), Stuttgart fiel von Rangplatz 11 auf Platz 12 (Durchschnittspreis derzeit 4.890 €/m²). Düsseldorf kletterte um einen Rang auf Platz 24 (4.180 €/m²), während Berlin mit einem Durchschnittspreis von 3.920 €/m² auf Rangplatz 36 (vorher 35) wechselte. Köln (3.790 €/m²) fiel um sechs Plätze auf jetzt Nr. 48 zurück. Die Veränderungsraten zwischen Q3/2020 und Q2/2020 bewegten sich zwischen +1,6 % (Frankfurt) und -0,7 % (Stuttgart).
München belegte zwar bei den Kaufpreisen für Eigentumswohnungen unangefochten seinen 1. Rangplatz, allerdings weiterhin mit einer stagnierenden Preisdynamik von jetzt +0,1 % zum Vorquartal. Mit einem standardisierten Maximalwert von 15.310 €/m² wird die 15.000 Euro-Grenze erneut überschritten. Auffällig sind die Preisrückgänge im Vergleich zum Vorquartal 2/2020 in Rosenheim (-6,6 %) ebenso wie in Tübingen mit -3,9 % und Kempten (Allgäu) mit -2,4 %. Hier mag der Einfluss von Neubauprojekten eine Rolle spielen, die in einem Quartal das Preisniveau in die Höhe treiben, nach Abverkauf aber wieder das Durchschnittsniveau absinken lassen. Die relativ niedrigen Fallzahlen lassen trotz hedonischer Preisberechnung die Preiskurven – zumindest in der Quartalsbetrachtung - volatil erscheinen.
Insgesamt wiesen im Vergleich zum Vorquartal Q2/2020 von den 50 teuersten Städte 15 eine negative Preisentwicklung auf. Im Jahresvergleich traf dies auf 10 von 50 Städten zu. Bernd Leutner: „Es zeigt sich insgesamt im Durchschnitt auch hier wie auf Bundesebene eine abnehmende Preisdynamik.“
Top-50: Rangliste der Mietentwicklung
Bei den Neuvermietungsmieten stand München mit Marktmieten von durchschnittlich 16,00 €/m² für eine 10 Jahre alte, 75 m² große Standard-Wohnungen unverändert an erster Stelle, jedoch mit 30 Cent weniger als im Vorquartal. Dabei konnte sich der sanfte Rückgang der Angebotsmieten in den vergangenen vier Quartalen nach einem minimalen Wachstumsintermezzo in Q2/20 wieder in einen leichten Sinkflug umkehren. So sanken die Angebotsmieten um -1,6 % zum Vorquartal und -1,1 % zum Vorjahresquartal. München bleibt trotzdem das teuerste Pflaster Deutschlands. Die standardisierten Spitzenmieten verharren bei 30,70 €/m² und überschreiten für München als einziger Stadt in Deutschland regelmäßig die 30-Euro-Marke für Wohnungsmieten.
Die Wachstumsdynamik der Neuvertragsmieten hat sich an vielen der 50 teuersten Mietstandorten in Deutschland innerhalb von drei Monaten weiter abgemildert. So wiesen im Vergleich zum Vorquartal 28 Städte einen Rückgang bei den Angebotsmieten auf (im Vorquartal noch 18). Im Jahresvergleich traf dies auf 10 von 50 Städten zu (Vorjahresquartal 6). Besonders auffällig sind ebenfalls die heterogenen Entwicklungen in Bayern, Baden-Württemberg und in Hessen (jeweils Q3/2020 zu Q2/2020):
- Landsberg am Lech +9,7 %
- Ostfildern +6,6 %
- Dreiech +6,3 %
- Dachau -10,6 %
- Fürstenfeldbruck -5,5 %
F+B weist darauf hin, dass die sinkenden Angebotsmieten im 3. Quartal 2020 in den süddeutschen Universitätsstädten Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Konstanz mit einem signifikanten Rückgang der Wohnungsangebote im Segment des hochpreisigen Mikrowohnens und sogenannter „Serviced Appartements“ für Studierende zusammenhängen. Vermutlich warten viele Studierende bei den aktuellen rein digitalen Lehrveranstaltungen erst einmal mit der Anmietung einer Wohnung ab und bleiben in ihren Heimatorten. Diese strukturellen Änderungen bei den inserierten Wohnungen führten dann offenbar zu einem veränderten Preisniveau. „Wir erwarten, dass sich diese Entwicklung nach dem Ende der Corona-Pandemie wieder normalisiert“, so Leutner.
Die mit der Wiedervermietung einer Wohnung in Frankfurt (Rangplatz 4) mit im Durchschnitt 12,10 €/m²) aufgerufenen Marktmieten wiesen mit +1,0 % im Jahresvergleich einen deutlich moderateren Anstieg auf als in den vergangenen zwei Jahren. Im Vergleich zum Vorquartal stieg das Mietniveau nur noch um 0,7 %. Stuttgart stand auf Rang 5 mit 12,00 €/m² und +0,6 % zum Vorjahr. Hamburg (10,60 €/m², +0,4 % zum Vorjahresquartal), Düsseldorf (10,30 €/m², +1,9 %) und Köln (10,30 €/m², +2,8 %) folgten auf den Rangplätzen 21, 27 und 28. Alle Standorte toppen damit den bundesweiten Wohn-Indexwert für die Neuvertragsmieten von 0,1 % im Jahresvergleich z. T. deutlich. F+B stellt fest, dass es an den Top 7-Standorten gerade im Quartal 3/20, also nach dem ersten Lockdown, nur noch eine sehr verhaltene Mietdynamik gab, die sich allerdings noch etwas oberhalb des Bundesdurchschnitts bewegte. Andererseits sind aber auch keine gravierenden Mietrückgänge zu beobachten. „Der Mietmarkt zeigt sich nach wie vor überraschend robust und aus Vermietersicht stabil“, erklärte Leutner. Ganz anders in Berlin.
Im Gegensatz zu den anderen deutschen Metropolen entspannte sich die Entwicklung der Angebotsmieten in Berlin weiter. Mit 8,50 €/m² für die Standardwohnung wurde im aktuellen Quartal – wie auch schon im zweiten und ersten Quartal 2020 - ein weiterer leichter Rückgang der Durchschnittsmieten bei der Wiedervermietung verzeichnet. Die durchschnittliche Angebotsmiete lag um -5,3 % niedriger als vor zwölf Monaten bzw. sank zum Vorquartal um -3,1 %. Die Bundeshauptstadt rutschte infolgedessen weiter vom 100. Rangplatz auf Platz 113 ab.
Insgesamt entwickelt sich in Berlin aufgrund des seit dem 23. Februar 2020 in Kraft getretenen Mietendeckels ein zweigeteilter Mietenmarkt mit „Schattenmieten“ auf der einen Seite und den „offiziellen“ Mietendeckel-Mieten auf der anderen Seite. Außerdem ist am 23. November 2020 die zweite Stufe des Mietendeckels in Kraft getreten, der eine rückwirkende Absenkung auch von Mieten aus bestehenden Mietverhältnissen vorsieht, was ein weiteren erheblichen Eingriff in die bestehenden Vertragsverhältnisse zwischen Mietern und Vermietern darstellt.
Die dargestellte Entwicklung der Marktmieten in Berlin ist aber nach Ansicht von F+B als Auswirkung des Mietendeckels in seiner ersten Stufe zu interpretieren. „Was von Vermieterseite als Eingriff in die Eigentumsrechte angesehen wird und deshalb vor dem Bundesverfassungsgericht überprüft werden soll, werden die Landespolitik sowie die Mieterseite als Erfolg dieses regulatorischen Eingriffs interpretieren“, vermutete der F+B-Geschäftsführer abschließend.
2. Stufe des Mietendeckels in Berlin – geschätztes Ausmaß der rückwirkenden Mietkürzungen
Mit dem Begriff „Mietendeckel“ wird gemeinhin das vom Abgeordnetenhaus von Berlin am 30. Januar 2020 beschlossene Gesetz zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung (MietenWoG Bln) bezeichnet. Die Mietobergrenzen gelten nach Auffassung des Landgerichts Berlin erst seit Inkrafttreten des Mietendeckel-Gesetzes am 23.2.2020. Zu den wesentlichen Regelungen des „Mietendeckels“ gehören ein Mietenstopp, die Festlegung von Mietobergrenzen, Mietabsenkungen bei bestehenden Verträgen ab dem 23. November 2020 (2. Stufe des Mietendeckels) und die Begrenzung der Modernisierungsumlage. Für Wohnraum, der ab dem 1. Januar 2014 erstmals bezugsfertig wurde (Neubau) oder für öffentlich geförderte Wohnungen, gilt das Gesetz nicht.
Mieter können ab dem 23. November 2020 die Absenkung "überhöhte Mieten" nach dem „Mietendeckel“ verlangen, wenn die in der Gesetzes-Tabelle festgelegten Obergrenzen um mehr als 20 % überschritten werden. Sollte der Vermieter diesem Wunsch nicht entsprechen, kann auch geklagt werden oder mit Hilfe der Senatsverwaltung eine hoheitliche Entscheidung im Rahmen eines Verwaltungsaktes erreicht werden. Auf die Mietobergrenzen der Tabelle können erstmals in der 2. Stufe des Mietendeckels noch Zu- oder Abschläge aufgrund von drei Wohnlagestufen berücksichtigt werden: Für einfache Lagen sind das minus 28 Cent pro Quadratmeter, für mittlere Lagen minus neun Cent und für gute Lagen plus 74 Cent pro Quadratmeter. Zu viel gezahltes Geld kann zurückgefordert werden.
Die spannende Frage ist nun, wie viele Bestandsmietverträge von dieser 2. Stufe des Mietendeckels betroffen sein werden und um welche Mietsummen es sich dabei handelt. „Man darf nicht vergessen, dass die Absenkung von Mieten in bestehenden Verträgen einen erheblichen zivilrechtlichen Eingriff in die private Vertragsgestaltung darstellt und zu einer Wertminderung der betroffenen Immobilien führt. Auch Wirtschafts- und Finanzierungspläne, die im Vertrauen auf eine bestimmte Miethöhe langfristig kalkuliert wurden, müssen neu justiert werden“, erklärte Dr. Leutner. Befürchtet werden von Seiten der Immobilienwirtschaft Einbußen bei den Renditen, das teilweise Entstehen von Verlustsituationen und Abstriche bei den Beleihungswerten.
Die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen geht nach aktuellen Presseberichten davon aus, dass rund 340.000 Wohnungen von der 2. Stufe des Mietendeckels betroffen sein werden. F+B hat eigene Berechnungen angestellt und eine eigene Analysemethodik entwickelt, die von bestimmten Grundannahmen ausgeht und diese dann auf die Verteilung der Wohnungsgrößenklassen auf die Baualtersklassen und die drei Wohnlagestufen hochrechnet. Berücksichtigt wurde ebenfalls, dass eine Absenkung erst nach Überschreiten einer 20-prozentigen Abweichungstoleranz verlangt werden kann. In jedem Fall beruhen die Berechnungen und Annahmen der Analysen auf den offiziellen bzw. amtlichen Dokumenten und Verlautbarungen zum Berliner Mietenspiegel 2019.
In einem ersten Schritt wurde das Potenzial von Wohnungen geschätzt, die von der Maßnahme voraussichtlich profitieren. Grundlage der Schätzung sind die Daten des Berliner Mietenspiegels 2019, mit den Angaben zur Miethöhe und zur Mietenverteilung sowie zur fortgeschriebenen Grundgesamtheit mietspiegelrelevanter Wohnungen sowie das Formular der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen "Berechnung der Obergrenzen mithilfe der Mietentabelle" für die im Mietspiegel ausgewiesenen Wohnungen in Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen. Da seitens der Senatsverwaltung keine Unterscheidung nach der Wohnungsgröße vorgenommen wird, werden die Tabellenwerte für alle Baualtersklassen in identischer Höhe angenommen. Werte der Grundtabelle wurden um einen Zuschlag/Abschlag für die Wohnlageklasse ergänzt. Für den Zuschlag für die moderne Ausstattung wurde für Wohnungen mit Bad und Sammelheizung (SHZ) ein Anteil von 20/40/60 % der Höchstwerte von 1 €/m² für Wohnungen angesetzt, was einem Zuschlag von 0,20/0,40/0,60 Cent/m² in den Wohnlageklassen einfach/mittel/gut entspricht. Für die Wohnungen der Ausstattungsklasse mit Bad oder SHZ wurde pauschal ein Anteil von 10 % angenommen; bei einfacher Ausstattung (Wohnungen ohne Bad und ohne Sammelheizung) entfällt dieser Zuschlag. Die Werte des Mietendeckels wurden entsprechend den Vorgaben des Landesgesetzgebers um einen Wesentlichkeitszuschlag von 20% erhöht. Erst ab den mit diesem Zuschlag versehenen Mietwerten gilt eine Wohnungsmiete als überhöht.
Durch das Verhältnis der Werte des um einen Zuschlag von 20% erhöhten Wert des Mietendeckels pro m² zum Median wurde bei allen Schätzrechnungen der Zustand definiert, bei dem gerade eben noch keine Mietabsenkung notwendig ist. Wird diese Schwelle in der relevanten Mietenstufe überschritten, wird die jeweilige Wohnung als automatisch als von der Mietsenkung betroffen gezählt. Im Ergebnis erhält man unterschiedliche durchschnittliche Mietsenkungspotenziale je nach Baualter, Wohnungsgröße, Ausstattung und Lageeinstufung. Nach den Berechnungen von F+B sind rund 512.000 Wohnungen von der 2. Mietenstufe des Mietendeckels betroffen, das entspricht 36,7 % des Gesamtbestands relevanter Wohnungen in Gebäuden mit drei und mehr Wohnungen.
Schätzmodell rückwirkende Absenkung der Miethöhe von Wohnungen in der 2. Stufe des Berliner Mietendeckels für Wohnungen in Gebäuden mit 3 u. m. Wohnungen
Von diesem Potenzial an vom dem Mietendeckel betroffenen Wohnungen befinden sich in den Wohnlageklassen in Berlin:
- Wohnlage einfach: 147.300 = 28,8 %
- Wohnlage mittel: 263.197 = 51,4 %
- Wohnlage gut: 101.555 = 19,8 %
Deutlich wird, dass nur bei rund jeder fünften Wohnung überhaupt ein lagebedingter Zuschlag zur maximalen Miethöhe berücksichtigt werden darf. In der überwiegenden Zahl der Fälle führt die Lageeinstufung „mittel“ bzw. „einfach“ zu Abschlagen bei der maximalen Miethöhe.
In einem zweiten Schritt wurde dann das Gesamtvolumen des Mietabsenkungspotenzials abgeschätzt. Dazu wurden die Grenzwerte des Mietendeckels plus 20 % als Toleranzpuffer in Relation zum geschätzten Maximalwert des Mietspiegels gesetzt. Hernach wurden auf der Grundlage der durchschnittlichen Differenz der Mieten gegenüber den jeweiligen Mietendeckel-Grenzwerten (je Mietspiegel-Feld), der durchschnittlichen Wohnungsgröße und des geschätzten Potenzials der vom Mietendeckel begünstigten Wohnungen die theoretischen Mietabsenkungspotenziale je Quadratmeter und Monat ermittelt. Diese wurden dann multipliziert mit der Zahl der Wohnungen mit Absenkungspotenzial (512.052) und mit der durchschnittlichen Wohnungsgröße. Ziel war es also, für jedes Mietspiegelfeld das Volumen der durchschnittlich pro Monat theoretisch erreichbaren Mietminderung zu erhalten.
F+B hat errechnet, dass das Mietsenkungspotenzial pro Monat bei knapp 21 Millionen Euro für alle relevanten Wohnungen liegt. Das wären im Durchschnitt je 40 Euro pro Wohnung und Monat. Auf ein Kalenderjahr hochgerechnet geht es also um ein Absenkungspotenzial von 250 Millionen Euro!
Die meisten Potenziale für Mietabsenkungen zeigen sich demnach bei den rund 165.000 gut ausgestatteten Altbauwohnungen bis Baujahr 1918. Allein in diesem Segment geht es um Absenkungsbeträge von rund 16,15 Millionen Euro. Dagegen haben Wohnungen in Ost- und Westberlin der Jahre 1965 bis 1990, zu denen viele Plattenbau- und Großsiedlungen gehören, mit einem Anteil von 27,1 % ein Abwertungspotenzial nur von 1,85 Millionen Euro.
„Wir gehen davon aus, dass insbesondere die Mieter von hochwertig sanierten Altbauwohnungen in guter Lage von der zweiten Stufe des Mietendeckels und den damit zusammenhängenden Mietsenkungen profitieren werden“, schlussfolgerte der F+B-Geschäftsführer.
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