F+B-Wohn-Index Deutschland IV-2018
Hamburg, 30. Januar 2019. Der F+B-Wohn-Index Deutschland als Durchschnitt der Preis- und Mietentwicklung von Wohnimmobilien für alle Gemeinden in Deutschland stieg im 4. Quartal 2018 im Vergleich zum Vorquartal um 1,2 % und im Vergleich zum Vorjahresquartal um 6,5 %. Die Wachstumsdynamik hat nach Beobachtungen des Analysehauses F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH damit im Herbst 2018 in der Gesamtschau des deutschen Wohnimmobilienmarktes wieder an Fahrt gewonnen. Aktueller Anlass für eine verstärkte Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit für das Preis- und Mietenthema.
Preistreiber sind im langjährigen Trend die Eigentumswohnungen, aber insbesondere im Vergleich mehrerer Vorquartale auch die Ein- und Zweifamilienhäuser. „Die kräftige Nachfrage nach dem Baukindergeld, das insbesondere bei Gebrauchtimmobilien zum Tragen kommt, stabilisiert den Drang ins Wohneigentum zur Selbstnutzung offenbar auf hohem Niveau“, erklärte F+B-Geschäftsführer Dr. Bernd Leutner. Ausweichbewegungen in die Verdichtungsräume oder sogar in den ländlichen Raum - lassen in Folge auch dort die Preise z. T. erheblich steigen.
Bei den Ein- und Zweifamilienhäusern stiegen die Preise zum Vorquartal 3/2018 um 1,3 % nach ebenfalls 1,3 % im Vergleich von Q3/2018 zu Q2/2018. Die über zwei Quartale in der Preisdynamik zweitplatzierten Eigentumswohnungen schwächten sich leicht ab und liegen jetzt beim Preisanstieg mit 1,3 % zum Vorquartal gleichauf mit dem Segment der Eigenheimer. Im Vergleich zum Vorjahresquartal 4/2017 übertrafen allerdings die Einfamilienhäuser mit 9,2 % den Durchschnittswert des F+B-Wohn-Index von 6,5 % deutlich, während im Jahresvergleich die Eigentumswohnungen mit 5,8 % erneut leicht darunter lagen. Auch in diesem Berichtszeitraum war damit das Eigentumssegment maßgeblich für die Gesamtperformance des Wohn-Index verantwortlich.
Im Gegensatz dazu bewegten sich die Bestandsmieten bundesweit im Vergleich von Q4/2018 zum Vorquartal mit +0,4 % nur in einer ganz leichten Aufwärtsbewegung. Der Preisanstieg der Neuvertragsmieten legte im bundesweiten Durchschnitt im Vergleich zum Vorquartal mit 1,0 % wieder deutlich zu. Die Preise für einzelne Mehrfamilienhäuser zogen im bundesweiten Durchschnitt im Vergleich zum Vorquartal mit 0,9 % leicht an. Im Jahresvergleich stiegen die Preise für diese Anlageobjekte um 1,5 %. Neuvertragsmieten und Bestandsmieten verteuerten sich mit 3,4 % bzw. 1,4 % im Vergleich zu ihren Vorjahresquartalen nach wie vor deutlich unterhalb des Anstiegs des Gesamt-Index von 6,5 %. Auch die relativen Abstände zum Gesamt-Index bleiben in etwa auf dem Niveau der Vorberichte. Zum Vergleich: Der Verbraucherpreisindex stieg zwischen 12/2017 und 12/2018 um 1,7 %. Der Anstieg der Neuvertragsmieten war somit doppelt so hoch, wie der Anstieg der Verbraucherpreise insgesamt.
F+B machte in seiner Analyse der letzten Wohn-Index-Quartalsberichte darauf aufmerksam, dass sich angesichts des anhaltend hohen Preis- und Mietniveaus in den Kernstädten insbesondere der wirtschaftsstarken Metropolregionen der Zuzug aus den Nahregionen deutlich abgeschwächt hat. „Positive Zuzugssalden werden tendenziell eher von der Fernwanderung aus dem außer- und südosteuropäischen Ausland getragen. Diese häufig einkommensschwächeren neuen Zuwanderer und die vielen Flüchtlinge, die nach Klärung Ihres Aufenthaltsstatus in die Normal-Mietwohnungsmärkte drängen, liefern sich mit sozial schwächeren Einheimischen und ‚Alt-Migranten‘ Verdrängungs- und Preiswettbewerbe um einen weiter schrumpfenden preiswerten Wohnungsbestand“, sagte F+B-Chef Dr. Bernd Leutner. Deshalb sind gerade dort höhere Mietsteigerungen zu verzeichnen als im gehobenen und im Luxussegment, die deutliche Sättigungseffekte verzeichnen.
Leutner weiter: „Wir warnen davor, insbesondere das Baukindergeld als alleinigen Anreiz dafür zu betrachten, Pendlerentfernungen von mehr als 30 Minuten in Kauf zu nehmen. Wie unsere Pendlerstudie von Anfang Januar 2019 gezeigt hat, sind sowohl beim PKW als auch beim ÖPNV z. T. erhebliche Verspätungs- und Stauzuschläge einzukalkulieren. Drohende Benachteiligungen/Verteuerungen des Individualverkehrs mit Verbrennungsmotoren und ein gleichzeitig aber nur schleppender Ausbau der Infrastruktur für die Elektromobilität lässt die Pendelkosten für einen Zeithorizont von mehr als fünf Jahren nicht seriös kalkulieren.“ Auch die Bahn habe in den letzten 15 Jahren deutlich mehr Strecken stillgelegt, als neue eröffnet. „Entsprechende Veränderungen der Pendelkosten und des Zeitbedarfs schlagen sofort auf die Immobilienwerte durch – negativ wie positiv“ führte der F+B-Gründer aus.
Die Entwicklung im Langfristvergleich
Bei Einfamilienhäusern (EFH) stieg der Index für diese Nutzungsart im Vergleich von Q4/2018 zu Q4/2013, also in den letzten fünf Jahren, um 31,0%, bei den Mehrfamilienhäusern (MFH) nur um 7,4 %. Im Zehn-Jahresvergleich übertreffen ebenfalls die EFH mit 50,5 % die MFH deutlich mit 16,0 %. Eigentumswohnungen verteuerten sich innerhalb der letzten fünf Jahre im bundesweiten Mittel um 33,3 % und in den vergangenen zehn Jahren (im Vergleich jeweils der vierten Quartale) sogar um 71,0 %.
Die Neuvertragsmieten veränderten sich in den letzten fünf Jahren um 11,0 % und in den vergangenen zehn Jahren um 22,1 %. Bestandsmieten entwickelten sich naturgemäß etwas moderater um jeweils 5,4 % (Q4/2018 zu Q4/2013) bzw. 8,8 % (Q4/2018 zu Q4/2008). Damit entwickelten sich die Bestandsmieten leicht oberhalb des gemittelten Verbraucherpreisindexes der Jahre 2014 bis 2018 in Höhe von 0,9 %. Zum Vergleich: Der seit 2004 vierteljährlich fortgeschriebene F+B-Wohn-Index über alle Nutzungsarten bei Wohnimmobilien (Preise und Mieten) stieg im Fünf-Jahresvergleich der vierten Quartale um 25,3 % und binnen zehn Jahren um 45,0 %.
F+B hält vor diesem Hintergrund einfache Vergleichsberechnungen, z. B. von Neubaumieten und Durchschnittseinkommen, für wenig hilfreich. Nur selten bemühen sich mittlere oder gar untere Einkommensbezieher um neugebaute freifinanzierte Wohnungen. Nachfrager nach frei finanzierten Neubauten sind Haushalte mit gehobenen oder hohen Einkommen. Diese machen preiswerte Wohnungen frei, in die Haushalte mit mittlerem oder niedrigem Einkommen einziehen können. Dieser „Sickereffekt“ sei zentraler Effekt einer marktwirtschaftlich organisierten Wohnungspolitik, so der Marktforscher. Das ist heute nicht anders als vor 30 Jahren. „Dass auf der anderen Seite Sozialwohnungen und preisgünstige freifinanzierte Wohnungen fehlen, ist insbesondere in den Wirtschaftsmetropolen der Top 7-Standorte und den begehrten Universitätsstädten dagegen unbestritten“, sagte F+B-Geschäftsführer Dr. Leutner. Die aktuelle Debatte um massive Eingriffe in das Eigentumsrecht und die Gewerbefreiheit trügen dabei sicherlich nicht zu einer Ermutigung von Investoren bei. Das gilt z. B. für Initiativen wie in Berlin, alle Wohnungsunternehmen mit Beständen über 3.000 WE, die nicht in landeseigenem oder genossenschaftlichem Besitz sind, zu enteignen. Auch ein landesweiter Mietendeckel mit vorgeschriebenen Miethöhen wird für Berlin mittlerweile diskutiert – ein Instrument, dass es zu Zeiten der Wohnungszwangsbewirtschaftung in Westdeutschland unmittelbar nach dem Krieg und in der DDR gegeben hat, in Hamburg und Berlin allerding bis in die 1970er Jahre. Mit fatalen Folgen für den Erhaltungszustand der Wohnungen.
Leutner weiter: „Alle massiven Eingriffe des Staates in die Mietenpolitik sowie die Eigentumsstruktur großer Marktakteure erfordern angesichts einer explosionsartig gestiegenen Wertentwicklung enorme Summen Steuergelder und sorgen für keine einzige neugebaute Wohnung.“ F+B erinnerte daran, dass zwischen 1998 und 2005 mehrere Hunderttausend öffentliche und kommunale Wohnungen für äußerst niedrige Quadratmeterpreise an Privatinvestoren verkauft wurden. Außerdem dürfe die langfristige demografische Perspektive in Deutschland durch kurzfristigen Aktionismus nicht in Vergessenheit geraten. „Auch wenn die Fertilitätsraten aktuell wieder steigen (2015: 1,5), reichen diese nicht aus, um den stetigen und langfristigen Schrumpfungsprozess der Bevölkerung zu verhindern“, heißt es dazu im Raumordnungsbericht 2017 der Bundesregierung (S. 11). Wenn sich aber die künftige Nachfrage verändert, verändert sich auch das Marktseitenverhältnis in den Teilmärkten, mit derzeit im Einzelnen noch nicht absehbarer Folge für Preis- und Wertentwicklung. Vorausschätzungen von Preisen und Mieten müssen diese Zusammenhänge berücksichtigen.
„Wir plädieren deshalb für eine Debatte, die die aktuell uneingeschränkte Dominanz der Umweltpolitik in Frage stellt, die sozialen Aspekte des Wohnens und Bauens wieder stärker betont und insbesondere auf der kommunalen Ebene ansetzt. Um Baulandausweisungen und Nachverdichtungsmaßnahmen zu beschleunigen, sollte die baugesetzlich normierte Bürgerbeteiligung neu austariert werden, damit Partizipation nicht zur bloßen Verhinderungsmacht der Besitzenden degeneriert“, griff Leutner die aktuelle wohnungspolitische Debatte auf.
Regionales Clustering des Wohn-Index
Mit dem Wohn-Index Q1-2018 führte F+B erstmals ein regionales Clustering der Wohnungsmarktentwicklung in insgesamt 27 Regionen bzw. Ballungsräumen ein. So kann die regionale Entwicklung von Preisen und Mieten auf einen Blick erfasst und mit der Kernstadt des jeweiligen Verdichtungsraumes ins Verhältnis gesetzt werden. Zusammengefasst werden in der Regel alle angrenzenden kreisfreien Städte und die kreisangehörigen Gemeinden mit über 25.000 Einwohnern, die in den umliegenden Landkreisen der Kernstädte liegen. Die folgende Karte zeigt die Verteilung der Regionen:
F+B beleuchtet seit 2018 in jeder Quartalsberichterstattung die Preis- und Mietentwicklung in einzelnen Regionen genauer. Im Wohn-Index 4-2018 präsentieren wir Münster und Bielefeld.
Sie können unter nachfolgendem Link die vollständige Tabelle mit allen 27 Regionalwerten herunterladen: F+B-Wohn-Index Tabellenteil
F+B-Wohn-Index - Tabelle ausgewählte Wohnungsmarktregionen
Abgebildet sind jeweils die Preise für Eigentumswohnungen und die Neuvertrags- bzw. Angebotsmieten.
Region Münster
Münster in Westfalen ist das Oberzentrum für einen großen ländlichen Bereich und mit seiner überregional bedeutsamen Universität sowie seinen Obergerichten von großer Strahlkraft. Das macht sich auch in den Preisen für Eigentumswohnungen bemerkbar, die sich binnen von fünf Jahren um 31 % auf jetzt 3.628 €/m2 entwickelten. Die Angebotsmieten stiegen im gleichen Zeitraum um 7,4 % auf jetzt 9,10 €/m2 - ein beachtlicher Wert für „Investors Liebling“ in Nordrhein-Westfalen. Das Kaufpreisgefälle zum Umland ist enorm und reicht von 1.734 €/m2 in Beckum bis 2.196 €/m2 in der Kreisstadt Warendorf selbst. Die Mieten reichen von 5,59 €/m2 in Beckum bis 6,51 €/m2 in Emsdetten. Das enorm flächige Umland ist klassisches Pendlerland für Wohneigentumsbildner. Hauptverkehrsmittel ist nach wie vor der PKW. Doch nicht überall lohnt sich das Wohnen im Umland. In der für Spiegel Online erstellten Pendlerstudie
http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/verkehr-so-teuer-ist-das-pendeln-zur-arbeit-a-1244665.html
werden Kosten, Zeitaufwand und Wohnkosten gegenübergestellt.
Region Bremen
Die Stadt Bremen innerhalb des Bundeslandes Freie Hansestadt Bremen spielt da in einer anderen Liga. Gebeutelt durch den Strukturwandel an der Küste, einer hohen Pro-Kopf-Verschuldung und einem hohen Anteil einkommensschwacher Einwohner sowie Transfereinkommensbezieher sind die Wohnungspreise in den letzten fünf Jahren zwar um 35,5 % gestiegen (auf heute 2.426 €/m²), die Mieten dagegen nur um 9,8 %. Die niedersächsischen Umlandgemeinden umfassen bei den Wohnungspreisen eine Range von 1.641 €/m² in Nordenham bis 2.114 €/m² in Stuhr. Die Mieten pendeln zwischen 5,44 €/m² in Nordenham und 6,90 €/m² in Achim. Für Preissensitive gibt es also genügend Ausweichmöglichkeiten im Umland.
Region Bielefeld
Bielefeld ist das Oberzentrum von Ostwestfalen-Lippe und besitzt mit seiner Universität sowie international bedeutenden Unternehmen, z. B. Dr. Oetker, DMG Mori AG (vormals Gildemeister AG, Maschinenbau), Schüco (Bauzulieferer) oder Goldbeck (Bauunternehmen) überregionale Bedeutung. Das spiegelt sich nur bedingt im Preisniveau für ETW wider. So stiegen die Preise für diese urbane Wohnform in fünf Jahren um 24,6 % auf heute 2.211 €/m2. Die Mieten wuchsen dagegen nur um 6,3 % auf 7,09 €/m2. Das Umland von Bielefeld ist klein- bis mittelstädtisch strukturiert und bietet auf den ersten Blick keine signifikanten Gründe, seinen Wohnsitz außerhalb der Kernstadt zu suchen. Das Immobilienpreisgefälle ist häufig nur schwach ausgeprägt oder sogar umgedreht. So sind Eigentumswohnungen in Gütersloh (Bertelsmann, Miele) 29 €/m2 teurer als in Bielefeld. Insgesamt schwanken die Preise von 1.577 €/m2 in Löhne bis 2.085 €/m2 in Rheda-Wiedenbrück und eben der Stadt Gütersloh selbst. Bei den Mieten verhält es sich ähnlich: In Rheda-Wiedenbrück (knapp 50.000 Einwohner) werden um 0,02 €/m2 höhere Angebotsmieten aufgerufen, als in der fast sieben Mal so großen Kernstadt Bielefeld. Dagegen lässt es sich mit 5,50 €/m2 in Lage im Kreis Lippe verhältnismäßig günstig wohnen.
Datengrundlage und Methodik des F+B-Wohn-Index Deutschland
Der F+B-Wohn-Index Deutschland kombiniert deutschlandweit die Miet- und Preisentwicklung von Eigentumswohnungen, Ein- und Zweifamilienhäusern, Doppel- und Reihenhäusern mit den Trends von Neuvertrags- und Bestandsmieten von Wohnungen und den Ertragswerten von Mehrfamilienhäusern. Der Index ermöglicht somit quartalsweise eine zusammenfassende Betrachtung des gesamten Wohnsegments in Deutschland, die bis auf die Postleitzahl und Straßenabschnittsebene reicht.
Grundlage für den F+B-Wohn-Index Deutschland sind bereinigte Angebotsdaten von knapp 30 Mio. Objekten, der größten Preis- und Marktdatenbank in Deutschland. Die Preisdaten werden korrigiert um empirische Transaktionsabschläge und durch Georeferenzierung und eine plausibilisierende Überprüfung auf Angebots-Dubletten und Fortläufer bereinigt. Die Schätzung der regionalen Zeitreihen für die zu Grunde liegenden Objektarten erfolgt mittels der hedonischen Regression, einem komplexen Verfahren der Ökonometrie und Statistik. Die Aggregation zu den Bundesindizes richtet sich nach dem Wohnungsbestand.
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