Mietspiegel bewahren und stärken


Die zu Ende gehende Legislaturperiode werden wir in mietrechtlicher Hinsicht vor allem mit der Einführung der sogenannten Mietpreisbremse verbinden, die den Anstieg der Neuvertragsmieten auf zehn Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete begrenzen soll. Ob ihr das gelungen ist, darüber streiten sich die politischen Lager und erstmals auch die Gerichte. Und hier beginnt schon das Problem: Die Mietpreisbremse bezieht sich auf einen juristischen Messbegriff für ein Mietniveau, das üblicherweise mit Hilfe eines qualifizierten Mietspiegels festgelegt wird und das nicht der örtlichen Marktmiete entspricht. Einen qualifizierten Mietspiegel gibt es aber nur in rund 250 Städten. Es gibt selbst Großstädte wie Bremen, die überhaupt keinen Mietspiegel besitzen. Damit bleiben an solchen Standorten als juristische Prüfbasis für die Mietpreisbremse nur die anderen Instrumente zur Feststellung einer ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 558 BGB.

 

Das 2. Mietrechtspaket, das u. a. eine gesetzlich verbindliche Grundlage für die qualifizierten Mietspiegel schaffen sollte, wird wohl nicht mehr vor der Bundestagswahl im Gesetzblatt stehen. Wir werden aber dieser Mietrechtsnovelle bei dem aktuellen Wahlkampfthema Nr. 1 sehr bald wieder begegnen. Damit sind allerdings große Chancen verbunden, die den qualifizierten und nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellten Mietspiegel stärken und die oft unsachlichen und durch Nichtwissen, z. B. um die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Vergleichsmietenbegriffs geprägten Vorwürfe, entkräften. Und das hat er verdient, schafft er doch seit über vier Jahrzehnten Rechtssicherheit in den Mieterhöhungsverfahren von Bestandsverträgen, reduziert gerichtliche Auseinandersetzungen und spart Millionen Euro an Gutachterkosten, die ohne Mietspiegel als Begründungsinstrument massiv an Bedeutung gewännen.

 

Aus Sicht eines seit fast 25 Jahren mit der Erstellung von Mietspiegeln befassten Instituts ist sicherlich eine verbindliche Methodik – möglicherweise gestuft nach Gemeindegrößenklassen - wünschenswert, die endlich die Angriffe von der Hochschulseite beendet, die zwar die reine Statistik-Lehre predigen, aber von der praktischen Umsetzung häufig keine Ahnung haben. Das gilt erst recht vor dem Hintergrund der begrenzten Zahlungsfähigkeit von Kommunen. Und wenn sich dann noch Kommune, Mieterverein und die Verbände der Wohnungswirtschaft vor Ort einverstanden erklären, kann der Mietspiegel seinen Zweck erfüllen.

 

Ob es eine Initiative geben wird, Gemeinden zur Aufstellung von Mietspiegeln zu verpflichten, ist unklar. Ob die Bemessungsgrundlage der zu berücksichtigenden Mietverträge von aktuell vier auf sechs, acht oder zehn Jahre ausgeweitet wird, ist in erster Linie eine politische Frage. Je länger man den Zeitraum erweitert, desto stärker wird in prosperierenden Märkten das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete gedämpft. Dieser Effekt ist abzuwägen mit der möglicherweise sinkenden Investitionsbereitschaft der Wohnungswirtschaft.

 

Ganz pfiffige Zeitgenossen plädieren für die schnelle und vermeintlich elegante Ableitung von Mietspiegeldaten aus den Datenbanken von Neuvertragsmieten, schauen aber nicht ins Gesetz. Die ortsübliche Miete soll gerade NICHT die Marktmieten abbilden, sondern als zugleich empirische und normativ geprägte Größe die Bestandssituation. Und da es keine bundesweite amtliche Mietvertragsdatenbank gibt, bleiben nur regelmäßige Markterhebungen nach anerkannten statistischen Methoden. Wir sollten dieses bewährte Instrument, um das wir international beneidet werden, hegen und pflegen statt zuzulassen, dass die öffentliche Akzeptanz qualifizierter Mietspiegel untergraben wird.

 

Der Kommentar wurde erstmalig publiziert im Immobilien Manager, Ausgabe 12-2016

 

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